
Der zweite Blick: Poesie des Unscheinbaren
Meine fotografische Arbeit ist in der unmittelbaren Natur meines Wohnumfelds verankert. Die Umgebung dient mir als Atelier, Inspirationsquelle und Rückzugsort. Im Fokus stehen kleine, oft übersehene Schönheiten – Details, die sich im Wechsel der Jahreszeiten, im Spiel des Wetters und unter dem Einfluss des Menschen stetig verändern. Ein einzelnes Blatt auf feuchtem Moos, Licht, das durch Nebel fällt, oder die feinen Strukturen einer Spinnwebe im Morgentau betrachte ich als stille, unspektakuläre Motive.
Seit rund vierzig Jahren entwickle ich meine fotografische Praxis konsequent autodidaktisch weiter. Mein Fundament bildet intensives Selbststudium, kontinuierliche praktische Erfahrung sowie die Arbeit in der Dunkelkammer. Mein Spektrum reicht von klassischer analoger Fotografie bis hin zur Grossformatfotografie und dem Einsatz moderner digitaler Techniken, wodurch sich vielfältige Möglichkeiten der Bildgestaltung eröffnen. Im Verlauf dieser Zeit habe ich verschiedene fotografische Genres bedient, darunter Auftragsarbeiten für Unternehmen im Bereich People-Fotografie, Hochzeits- und Reportagefotografie, Dokumentation von Kunstwerken, Konzertfotografie, Reproduktionen und Portraits.
In meiner Bildsprache verbinde ich klassische Einflüsse mit zeitlosen philosophischen Ansätzen. Die Inspiration durch Fotografen wie Eduard Steichen, Alfred Stieglitz, Edward Weston und Ansel Adams prägt meinen Umgang mit Licht, Komposition und Ausdruck. Darüber hinaus ist der deutsche Subjektivismus, insbesondere die Lehre Otto Steinerts, für mich wesentlich. Steinert, Begründer der „Subjektiven Fotografie“, betonte die Bedeutung individueller Wahrnehmung und forderte dazu auf, das Sichtbare durch persönliche Empfindung neu zu interpretieren. Seine experimentelle, expressive Herangehensweise und die bewusste Abkehr von der rein dokumentarischen Fotografie empfinde ich bis heute als prägend.
Ergänzt wird mein Ansatz durch Einflüsse asiatischer Philosophie. Zen und Wabi Sabi betonen die Schönheit im Unvollkommenen und Vergänglichen sowie das Verweilen im Hier und Jetzt. Die bewusste Reduktion auf das Wesentliche, das Akzeptieren von Wandel und das stille Beobachten der Natur prägen meine gestalterische Herangehensweise. Jedes Bild verstehe ich als Meditation über Zeit, Veränderung und die leise Poesie des Augenblicks.
Ein zentrales Thema meiner Arbeit ist die Vielfalt der natürlichen Formen. Strukturen und Muster – von der Spirale einer Muschel bis zu den filigranen Verästelungen einer Pflanze – spiegeln für mich die verborgenen Ordnungen und Gesetzmässigkeiten der Natur wider und laden dazu ein, im scheinbar Alltäglichen das Besondere zu entdecken. Durch gezielte Wahl von Perspektive, Licht und Unschärfe versuche ich, diese formale Schönheit sichtbar zu machen oder zu abstrahieren.
Charakteristisch für meinen Stil ist vielleicht gerade auch der Einsatz abgedämpfter Farben, die eine ruhige, fast meditative Atmosphäre schaffen. Besonders Grün und Braun nehmen in meinen Arbeiten eine zentrale Rolle ein. In der Kunstgeschichte steht Grün für Leben, Wachstum und Harmonie, während Braun die Farbe der Erde, des Holzes und der Vergänglichkeit ist und für Bodenständigkeit, Wärme und Geborgenheit steht. Diese Farbtöne setze ich gezielt ein, um Vielschichtigkeit, Natürlichkeit und Tiefe der Landschaft zu betonen. Grün und Braun dienen als verbindende Elemente zwischen den Motiven und verleihen den Bildern eine stille Kraft, die an klassische Landschaftsmalerei erinnert und zugleich eine Brücke zur modernen, reduzierten Bildsprache schlägt.
Die bewusste Arbeit mit Unschärfe verstehe ich als gestalterisches Mittel, das bereits von den Piktorialisten und in der Malerei eingesetzt wurde, um Stimmungen, Übergänge und das Atmosphärische hervorzuheben. Unschärfe eröffnet einen Raum für Interpretation, lädt dazu ein, sich einzulassen und das Bild mit eigenen Erinnerungen und Empfindungen zu füllen. Das Unscharfe ist für mich keine Schwäche, sondern eine Einladung zum zweiten Blick und zur individuellen Deutung.
Respekt vor der Natur und ein nachhaltiger Umgang mit ihr sind für mich grundlegende Prinzipien. Jede Begegnung mit der Landschaft ist von Achtsamkeit geprägt, mit dem Ziel, die Natur zu bewahren und Ressourcen schonend einzusetzen. Dieses Verständnis spiegelt sich in meiner Wertschätzung für das Vergängliche und Unscheinbare wider.
Meine Fotografien erschliessen sich nicht auf den ersten Blick, sondern entfalten ihre Wirkung in der vertieften Betrachtung. Sie laden dazu ein, innezuhalten, hinter die Oberfläche zu schauen und in der Tiefe die subtile Schönheit des Unscheinbaren zu entdecken. Das Flüchtige und Unvollkommene verwandelt sich so in stille Poesie – eine Einladung, sich auf die eigene Wahrnehmung und die leisen Zwischentöne der Natur einzulassen.
In Verbindung bleiben
Ich gehe mit der Präsentation meiner Fotografien bewusst zurückhaltend um und verzichte weitgehend auf die gängigen sozialen Medien. Die schnelle, flüchtige Verbreitung von Bildern entspricht nicht meiner Arbeitsweise und auch nicht meinem Verständnis von Wahrnehmung und Wertschätzung. Meine Fotografien sollen Zeit und Raum bekommen, um betrachtet und erlebt zu werden – nicht im Strom endloser Beiträge, sondern in einer Atmosphäre der Ruhe und Aufmerksamkeit.
Stattdessen bevorzuge ich den persönlichen Austausch und wähle den Weg der unregelmäßig versendeten E-Mails, um Neuigkeiten, Einblicke in aktuelle Arbeiten oder Hinweise auf Ausstellungen zu teilen. Wer sich für meine fotografische Arbeit interessiert, ist herzlich eingeladen, sich für meinen Newsletter "Blickfang" anzumelden, der periodisch erscheint und sich mit interessanten Themen um "Subjective.Photography" befasst. So entsteht ein Kontakt fernab von Algorithmen und digitaler Hektik.